Diese 3 Denkweisen blockieren Dich und Deine Kunst!

Oder: Bist Du wirklich offen für Weiterentwicklung?

In meinen Workshops und Kursen begegnen mir immer wieder blockierende Sichtweisen, die einen Prozess bremsen oder sogar stoppen können. Manchmal merkst Du vielleicht gar nicht, was Du damit anstellst.

Um Dir das heute bewusst zu machen, möchte ich Dir folgendes ans Herz legen: Der erste Ausspruch, den du aus deinem Sprachgebrauch streichen solltest ist „Kunst kommt von können“.

Ist das nicht ein unglaublich wertender Satz? Dazu möchte ich dir als erstes ein paar Fragen stellen.

Wer entscheidet, ob etwas gekonnt ist oder nicht?

Ist Können gegeben oder kannst du dir auch Kenntnisse erarbeiten?

Kann Können weiterentwickelt werden durch Übung?

Muss gute Kunst immer zeitaufwändig sein?

Kann eine ungewöhnliche Idee, die noch nie zuvor dagewesen ist, aber schnell umgesetzt wurde, gute Kunst sein?

Darf gekonnte Kunst auch hässlich sein?

Muss gute Kunst eine inhaltliche Aussage haben?

Ist es nur gekonnte Kunst, wenn etwas Erkennbares darauf abgebildet ist?

Ich weiß, an der Beantwortung dieser Fragen scheiden sich seit jeher die Geister. Jeder wird andere Antworten finden.

Häufig ist mit „Können“ in der Kunst gemeint, eine realistische Abbildung perfekt erreicht zu haben. Dann ist Kunst gekonnt. Kunst ist aber mehr als das: Natürlich ist es super, wenn KünstlerInnen ihr Handwerk beherrschen. Aber es gehört mehr dazu, als perfekt naturalistisch malen zu können. Oder besonders viele Stunden daran zu sitzen. Allem voran die Persönlichkeit, die wir in jedes Bild, in jedes Objekt, in jede Zeichnung legen. Individualität, den eigenen Ausdruck ins Bild bringen. Und diese Dinge sind nicht für jeden Menschen sofort erkennbar. Es braucht unter Umständen ein geschultes Auge oder schlichtweg Interesse, es verstehen zu wollen. Deine Familie zum Bespiel hat unter Umständen eine andere Vorstellung davon, was sie als gekonnt empfindet. Und auch die eigenen inneren Kritiker sind manchmal sehr vorlaut. Lass Dich davon in Deinem Tun nicht beirren.

In den vergangenen Jahrhunderten haben Künstler immer wieder neue Wege gesucht, die dann wiederum neue Strömungen angestoßen haben. Künstler wie Picasso oder Manet wurden nicht verstanden, nicht ernst genommen oder schlichtweg belacht, weil ihre Arbeiten augenscheinlich nicht dem damals gängigen Kunstverständnis entsprachen oder sie andere, neue Lösungen gesucht haben. Das Können wurde ihnen abgesprochen, weil sie nicht dem perfekten Anspruch der vorherigen Kunstepochen genügten. Häufig wurde erst viel später erkannt, wie bahnbrechend die verspotteten Kunstwerke wirklich gewesen sind. Du siehst also, wenn sich Kunst auf das reine Können beruft, geht’s in der Entwicklung nicht so richtig weiter. Es ist vielleicht perfekt, aber irgendwie leblos. Deswegen erlebe ich den Satz „Kunst kommt von Können“ als extrem einschränkend.

Das im Atelieralltag ebenfalls sehr gebräuchliche Wort: „Verschlimmbessern“ ist auch nicht wirklich dazu geeignet, Deine Weiterentwicklung zu fördern. Dieses Wort wirft ein total negatives Bild auf deine Kunst. Dein Bild ist zwar noch nicht ganz gelungen für Dich, aber es könnte noooooch schlimmer werden. Dahinter steht oft die Angst, ein halb fertiges Bild zu ruinieren. Geht es beim Malen immer um den genialen, großen Wurf oder einfach darum, es mit Freude zu tun? Muss immer alles aus dem ersten Guss entstehen? Was soll schon passieren, wenn Du doch noch einmal daran gehst? Oder dir die Zeit nimmst, Dich der Sache langsam anzunähern? Neue Wege zu probieren? Um die Ecke zu denken? Nimmst Du dir die Freiheit spontan eine andere Richtung einzuschlagen? Gehst Du über deine Grenzen, um Neues zu erleben?

In dem wir uns hinter der Genialität verstecken, bauen wir die eigene Hürde extrem hoch. So unter dem Motto: „Wenn ich es nicht sofort hinbekomme, wird es nichts mehr“ Daraus lässt sich ableiten: „So kreativ bin ich nicht“ Oder „Ich habe nicht so viel Talent“. Du gibst Dich dann mit etwas Halbem zufrieden.

Auch wenn es paradox klingt, aber wenn Du weniger ergebnisorientiert arbeitest, wirst Du Dich dem unfertigen Bild eher stellen. Und nach Lösungen suchen, einfach weil es Dir Freude macht. Lösungen, die Dich weiter bringen, als ein unfertiges Bild, mit dem Du im Grunde unzufrieden bist.

Ein weiteres Phänomen ist, bei Feststecken im Prozess der Malerei, aufzugeben. Dann übermalst Du das Bild wieder komplett weiß, wenn es Dir nicht gefällt. Das ist in etwa so, wie bei Problemen mit Deinem Computer das ganze Ding aus dem Fenster zu werfen und nicht zu versuchen, dem Problem auf den Grund zu gehen. Dabei wirst Du bei jedem weiteren Mal nie weiter kommen als bis zu diesem Punkt. Denn Du wirst KEINEN Lernfortschritt erzielen und das nächste Mal wieder vor den ungelösten Problemen stehen. Für mich ist der „Reset-Knopf“ wirklich die allerletzte Instanz, wenn ich alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft habe.

Nun habe ich Dir eine ganze Menge Fragen gestellt. Vielleicht helfen Dir die Antworten dabei, Deine Kreativität aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

Und wie gut haben wir es in der Kunst und besonders in der Acrylmalerei. Da können wir während des Prozesses immer neue Kompositionen probieren und schon kleine Details haben häufig große Wirkung. Das heißt für Dich, es kann immer weitergehen in Deiner Entwicklung, bist DU und nur DU richtig zufrieden bist.

Aus meiner Sicht ist Talent weniger relevant, als allgemein angenommen wird. Was in meinen Augen wichtiger ist, ist das Gefühl dabei. Ein gutes Gespür für Farbe z.B. zu haben oder genau hinschauen zu können und eine bewusste Wahrnehmung zu haben oder mit allen Sinnen zu arbeiten. Dies sind aber alles Eigenschaften, die wir trainieren können. Die immer ausgeprägter werden, je häufiger wir es tun. Und wenn ich etwas liebe, werde ich es immer wieder tun wollen. Ihr ahnt es schon, eine Weiterentwicklung kommt dann schon ganz von alleine.

Also dann. Was hält Euch auf? Ran an die Pinsel und die Farben!

Viel Freude bei allen Experimenten, lass Farbe fließen,

Angelika

 

Kommentar von Elisabeth Büschler |

wunderbar geschrieben und beschrieben. Motiviert mich. Danke Dir.

Antwort von Angelika Biber

Liebe Elisabeth, danke Dir! So war es gedacht, ich freue mich das es so ankommt 🙂

 

Kommentar von Susanne Dorn |

Liebe Angelika!

Das sind wieder einmal sehr geniale Gedankengänge, um "verzweifelte" Kunstphasen mit neuen Ideen zu füllen, deren Umsetzung dann auch beflügelt und befriedigt.

Lieben Dank dafür und sehr herzliche Grüße,
Susanne

Antwort von Angelika Biber

Liebe Susanne,

danke fürs Lesen und Deinen Kommentar 🙂 Ich versuche in meiner Arbeit weniger zu werten, bei mir und bei anderen. Aber verzweifelten Kunstphase kenne ich auch. Nur nicht davon beirren lassen! Lieben Gruß, Angelika

 

Kommentar von Jutta |

Danke für Deine 8 Anfangsfragen. Wenn ich mir sie durch den Kopf und den Bauch gehen lasse, komme ich zu dem einzigen Fazit: Hurra, die Kunst ist frei!! (Mit allen Höhen und Tiefen, Selbstzweifeln, Krisen und tollen Flows) Und ich danke Dir dafür, dass Du das als „Meisterin“ an Deine „Azubis“ weitergibst und Kunst einfach ganz individuell entstehen darf.
Liebe Grüsse
Jutta

Antwort von Angelika Biber

Liebe Jutta, danke für Deine Nachricht. Jetzt weiß ich, das es bei Dir genau so ankommt, wie ich es ausdrücken wollte. Ja, sich darüber klar zu werden und sich diese Freiheit zu nehmen ist wesentlich für wirklich schöpferisches Tun! Viel Freude dabei! Liebe Grüße, Angelika

 

Kommentar von Antje Heidermann |

Liebe Angelika,
Deine Denkanstöße kommen immer im richtigen Moment. Nach einem langen Tiefpunkt habe ich mich gestern endlich mal wieder ans Malen begeben. Danke für deinen Mutmacher, es hat tatsächlich geklappt und es ist aus einer Leichtigkeit wieder ein Bild entstanden- ohne Stress nur aus Freude an der Malerei.
Dein Video zur Walzentechnik gefällt mir sehr gut.
Alles Gute und ich freue mich weiterhin was von dir zu sehen, zu hören oder zu lesen.
Gruß Antje

Antwort von Angelika Biber

Liebe Antje, es ist schön von DIR zu hören und Du glaubst gar nicht, wie sehr mich Dein Kommentar freut. Und die Tatsache, dass es funktioniert 🙂 Das bestärkt mich weiterzumachen und ich werde Euch gerne noch viele Denkanstösse liefern.

Je älter ich werde, desto klarer wird mir, das das "Innere" zum großen Teil dafür verantwortlich dafür ist, was und wie etwas nach "Außen" kommen kann. Und all das erlebe ich auch bei mir selbst. Wir bleiben dran, nicht?

Herzliche Grüße,

Angelika

 

ommentar von Heidi |

Liebe Angelika,

ja, du machst immer wieder Mut mit deinen Impulsen. Dadurch gelingt es mir, dran zu bleiben und mir die Freude am Malen zu bewahren. Und ich lerne mich selbst dabei immer mehr kennen, wage Neues und kann so mein Sosein weiter
entwickeln. Und deine Videos sind stets eine große Inspiration. Ich freue mich auf ein baldiges persönliches Wiedersehen auf einem deiner Workshops!

Antwort von Angelika Biber

Liebe Heidi, danke für Dein positives Feedback. Das "dranbleiben" ist auch ein wichtiges Thema, vielleicht schreibe ich mal einen Blogartikel darüber :-). Ich freue mich, bald noch einmal mit Dir zusammen zu arbeiten. Vielleicht im nächsten Jahr?

Ganz liebe Grüße,

Angelika

4 Kommentare

  1. Kirsten Wötzold
    17. April 2019

    Liebe Angelika,

    genau dieses Thema beschäftigt mich gerade sehr.

    Bin ich gut? Ist meine Kunst gut? Was denken andere über meine Bilder?

    Ich setze mich selbst unter Druck und das nimmt meiner Phantasie, meinem Herzen, meinen Gefühlen mich auszudrücken, kreativ zu sein den Raum in mir und damit auch meiner Liebe zur Malerei.

    Deinen Artikel habe ich mit großem Interesse gelesen und es hat mir gut getan.

    Auch ich gehöre zu denen, die so manches Bild komplett übermalen und werde nun versuchen, vielleicht nicht mehr so zu verfahren, sondern auszuprobieren, neu zu interpretieren.

    Danke, für die neuen Impulse und Gedanken und das Mut machen, an einem so wunderbaren Geschenk, wie der Kreativität.

    Weiter so.

    Herzlichst

    Kirsten

    Antworten
    1. Angelika Biber
      17. April 2019

      Liebe Kirsten, es geht vielen so, ich habe es im Atelier schon oft beobachtet. Und auch mir ist das Thema ja nicht fremd 😉 Wie schön, dass dir dieser Blogartikel eine andere Sichtweise gezeigt hat. Ich finde das befreit ungemein! Viele liebe Grüße, Angelika

      Antworten
  2. Karin Werner
    28. Mai 2019

    Liebe Angelika,
    dieser Text von dir hilft mir gerade sehr. Ich male seit 2016 und bringe mir mehr oder minder alles selber bei. Ich habe mich aufgemacht, mir immer wieder neue Themen zu setzen, mit denen ich dann experimentiere. Ich beginne mich mehr und mehr mit genau diesen Fragen auseinanderzusetzen. Z.B. Wie gehe ich damit um, wenn andere Menschen meine Bilder nicht mögen? Ich aber trotzdem sehr glücklich bin mit meinem Bild? Du hast es sehr gut auf den Punkt gebracht, finde ich. Es ist wichtig, dass wir auf unser Gefühl achten beim Malen, ob es sich für uns stimmig anfühlt. Wenn dem so ist, dann geben wir einen Teil von uns in dieses Bild. Das ist der Wegweiser. Das ist unser Stil. Und dann kann es uns egal sein, ob jemand unser Bild mag oder nicht. ich muss mich oft immer wieder innerlich neu justieren. Und dabei hilft mir dein Text gerade enorm! Viele Grüße von Karin

    Antworten
    1. Angelika Biber
      28. Mai 2019

      Liebe Karin, es freut mich sehr, dass dich der Artikel unterstützen konnte! Aus meiner langjährigen Erfahrung weiß ich genau wie schwer das manchmal ist, bei sich zu bleiben und zu akzeptieren, das nicht jedem immer alles gefällt. Und das ist gut so! Ich wünsche dir viel Freude bei allem was sich zeigt!
      Liebe Grüße, Angelika

      Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Scroll to top