Viele meiner Kursteilnehmer berichten mir von Ihrer Angst vor der weißen Leinwand. Kennst Du das auch? Diese Angst kann Euch in Eurer Kunst blockieren. Woher rührt diese?
Es kann die Angst sein, keine Idee zu haben und sich unkreativ zu fühlen. Dazu eine Anmerkung: Viele gehen davon aus, das Kreativität etwas ist was man hat. Oder eben nicht. Heutzutage gehen Forscher davon aus, dass Kreativität trainiert werden kann, wie etwa ein Muskel. Je mehr wir uns kreativ betätigen, desto kreativer werden wir. Das ist auch meine eigene Erfahrung.
Oder wir haben Sorgen, das die perfekte Vorstellung, wie das Bild werden soll, leider in der Realität nicht erreicht wird. Das hat in meinen Augen mit der eigenen persönlichen Erwartungshaltung in Bezug auf das Endergebnis zu tun.
Wenn wir schöpferisch arbeiten, geben wir viel von uns Preis. Jemand könnte kommen und uns und unsere Arbeit negativ beurteilen. Im Zweifelsfall tun wir dies oft genug selbst.
Wir tun also gut daran, uns dessen bewusst zu werden und zu versuchen, den Druck heraus zu nehmen.
Wie können wir das erreichen?
1. Das Arbeiten in Schichten ermöglicht uns frei zu beginnen und dann erst nach und nach das Bild zu entwickeln.
So muss es nicht der geniale erste Wurf sein, sondern wir können uns mit unserer eigenen Geschwindigkeit auf den Prozess einlassen.
2. Mit Material arbeiten
Immer wenn wir besondere strukturgebende Materialien im Untergrund verwenden wie z.B. Kaffeepulver und Sand oder selbstgemachte Strukturgründe mit Wandfarbe, Papier oder auch Spachtelmasse, sind wir direkt im Prozess und mit dem handwerklichen Aspekt beschäftigt. Für Angst bleibt da gar keine Zeit 😉
3. Farbiger Untergrund „Nass in Nass“
Bei manchen Bildthemen bietet es sich an, zunächst expressiv einen farbigen Untergrund anzulegen.
So kannst Du Dich erst einmal daran erfreuen, Farbe zu verziehen und legst zugleich die Stimmung der späteren Malerei fest. Drücke z.B. die Acrylfarbe in gut mischbaren Farbtönen direkt aufs Bild und verziehe sie mit dem Gummispachtel oder mit dem breiten Colourshaper. Nach dem Trocknen kann konkreter malerisch weitergearbeitet werden.
4. Schwarzer Malgrund
Hast Du schon einmal auf schwarzen Malgründen gearbeitet? Zum Einen hat dieser Untergrund schon einen anderen psychologischen Aspekt als eine blendend weiße Leinwand, die noch unbefleckt ist. Zum anderen hat schon die erste aufgetragene Schicht viel mehr Tiefe als auf einem weißen Malgrund. Auch wirken die Farben viel leuchtender.
5. Collage Papiere aufkleben
Farbige Papiere oder Papiere mit Rostspuren, aber auch Papiere mit Skizzen, die auf die Leinwand geklebt werden sind ein toller Untergrund, der Dir die Angst nimmt. Du kannst die Papierstücke erst einmal lange auf dem Malgrund hin- und herschieben, bis du Dich entschließt, sie festzukleben. Auch nach dem Kleben bist Du nicht auf diese Gestaltung festgelegt, denn du kannst übermalen, aber auch weitere Papierstücke im Prozess aufkleben.
Zum Schluss noch einen Tipp von Felix Scheinberger, der in seinem wunderbaren Buch „Mut zum Skizzenbuch“ schreibt: „Beginnen Sie Ihr Buch nicht vorne auf der ersten Seite, die Seite 17 ist die beste.“ So verliert der erste Eintrag das Absolute, den Anspruch, dass auf Seite 1 Ihres Skizzenbuches etwas besonders Grandioses stehen muss. Wir können bei einem Acrylbild nicht auf Seite 17 beginnen, aber wir können dennoch den Druck heraus nehmen, immer und fortwährend etwas Grandioses produzieren zu müssen. Dazu Scheinberger: „Keine Sorge, Sie brauchen kein Entspannungsseminar zu belegen. In Wirklichkeit geht es bei der Angst vor dem weißen Blatt nur um die Befürchtung, Fehler zu machen und Ansprüchen an sich selbst nicht gerecht zu werden.....Fangen Sie ganz bewusst mit einer schlechten Zeichnung an. Brechen Sie das Eis, dann zeichnet es sich ganz ungeniert.“
Ja, wir dürfen es uns erlauben, länger zu spielen, zu suchen, zu probieren. Auch Fehler zu machen. Wenn Du das alles zulässt, wird die Angst vor dem weißen Blatt bald nicht mehr so groß sein.
Und warum nicht einmal bewusst ein unperfektes und hässliches Bild malen?
Viel Freude bei allen Experimenten, lass Farbe fließen,
Angelika
Kommentar von ML Brock |
Liebe Angelika,
wieder einmal ein toller brauchbarer Hinweis von dir in Sachen Angst vor der leeren.....Nun bin ich zufällig darauf gestoßen. Wo findet man sonst deine geistreichen Beiträge.? Nicht mehr auf YouTube!!?? Bei Facebook bin ich nicht.
Wann kann ich mal wieder bei dir malen kommen,? Der eintägige Kurs war doch mal angedacht?
Liebe Grüße
Marie- Luise
Antwort von Angelika Biber
Liebe Marie-Luise,
danke für Deine Nachricht 🙂
Alle weiteren Blogartikel findest Du hier auf meiner Seite http://www.atelier-farbräume.de/blog.html ganz unten ist das Verzeichnis, das dich auf die vorherigen Einträge führt. Bei YouTube habe ich nur die Videos.. Durch meine Namensänderung auf meinen Mädchennamen ist das "Najork" weggefallen und ich stehe nur noch unter "Biber" bei YouTube...Also nicht verwirren lassen.
Und ja, Tageskurse habe ich nun auch im Programm, die Termine stehen auf meiner Homepage unter
http://www.atelier-farbräume.de/erwachsene.html
Vielleicht passt ja einer dieser Termine, ich würde mich freuen!
Ganz liebe Grüße,
Angelika
Kommentar von lewerentz |
Besten Dank fuer sur Tipps. Ihr Buch ist wunderbar!
Antwort von Angelika Biber
Vielen Dank für das positive Feedback. Ich hoffe das Buch inspiriert!
liebe Grüße Angelika