Wie Farben wirken oder „Welche Farbe fühlst du heute?“

Was die Farbgebung über dein Bild aussagt

Seit einigen Jahren ist mir bewusst, dass ich meinen Farbklang im Bild nach meiner derzeitigen Verfassung auswähle. Auch wenn ich die Farben nach und nach intuitiv wähle und ich im Vorhinein kein komplettes Farbkonzept habe, so gibt es meist einen Grund, warum ich genau in diesem Augenblick zu diesen Farben greife.

Wenn ich zum Beispiel etwas gestresst bin, male ich gerne Blau. Blau ist eine Farbe, die mir Raum lässt, mich nicht beansprucht oder herausfordert und viel Tiefe ins Bild, ja sogar in den Raum bringt.

Wenn ich allerdings energiegeladen bin, male ich gerne in warmen Tönen, vorzugsweise Rot-Orange-Rosa, gerne mit intensivem Pinselduktus. Diese impulsiv wirkenden Bilder scheinen das Format zu sprengen und wirken sehr expressiv. Das müssen die Betrachtenden aushalten können und macht etwas mit dem Raum.

 

Wenn ich mehr Leichtigkeit suche und wünsche und sich gerade alles so schwer anfühlt, dann male ich gerne mit luftigen Pastelltönen, Weiß, Elfenbein, Hellgrau, mit ein paar Klecksen intensiverer Farbe.

Es bedingt sich also gegenseitig: Ich wähle die Farbe nach meiner Empfindung, weil sie mir guttut und der Betrachter kann dies ebenso spüren, weil jede Farbe eine spezielle Wirkung hat.

Die Farbtöne stehen für die unterschiedlichsten Eigenschaften und damit kannst du nonverbal im Bild kommunizieren.

Jede Farbe hat eine andere psychologische Wirkung.

Gelb wirkt warm, heiter und fröhlich und steht für Freundlichkeit, Optimismus und Kreativität.

Orange wirkt anregend, warm, exotisch und aktiv und steht für Freude, Energie und Lebhaftigkeit.

Rot wirkt stark erregend, alarmierend und kraftvoll und steht für Blut, Leidenschaft, Liebe, Feuer.

Violett wirkt melancholisch und rätselhaft und steht für Religion und höhere Mächte.

Blau wirkt beruhigend, sanft und unendlich fern und steht für Ruhe, Harmonie, Treue und Sauberkeit.

Grün wirkt freundlich, frisch, natürlich und jung und steht für Hoffnung, Natur, Jugend und Frühling.

Grau wirkt beruhigend und ausgleichend und steht für Neutralität, Sachlichkeit und Zurückhaltung.

Braun wirkt warm, erdend und gemütlich und steht für Sicherheit und Geborgenheit.

Weiß wirkt rein, steril, leicht und leer und steht für Unschuld. Ordnung, Vollkommenheit.

Schwarz wirkt traurig, schwer, feierlich und ernst und steht für Ende, Trauer, Unglück.

Die Sättigung und Qualität des Farbtones kann die Wirkung steigern oder abschwächen.

 

Hast du mal darüber nachgedacht, warum deine Farbvorlieben so sind wie sie sind?

Manchmal findet sich die Begründung in der Wirkung der Farben.

Meine Malweise steht für die leuchtenden und reinen Farbklänge, gedeckte und getrübte Farben verwende ich nicht so gerne (bzw. nur in geringen Mengen als Qualitäts-Kontrast). Auch das hat mit meiner Person zu tun – ich bin eher extrovertiert, lebendig, lebhaft und quirlig und meine Farbwelten symbolisieren meinen Charakter.

Es ist aber nicht alleine der gewählte Farbton, der etwas aussagt. Auch die Konsistenz der Farbe macht etwas mit mir als Malerin.
Wenn ich viele Termine habe und sehr eingespannt bin, lasse ich besonders gerne Farbe fließen, verdünne die Töne, sprühe die Farbflächen an und lasse laufen. Das ist ein Prozess, den ich kaum steuern kann und hat viel mit „Loslassen“ zu tun. Er befreit mich aber auch von dem Druck, etwas leisten zu müssen. Hier geht es zunächst nur um die Spielfreude und darum, zu experimentieren. An das Ergebnis denke ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.

 

Das gegensätzliche Phänomen habe ich im ersten Corona-Lockdown bei mir beobachtet. Da sich mein Leben zum damaligen Zeitpunkt sehr haltlos anfühlte, (und auch praktisch so war, fast ohne Termine, ohne Einkommen und nur mit einer selbstauferlegten Tagesstruktur) hatte ich den Drang, mit unverdünnter, also dicker Farbe, gegenständlich zu malen. Ich brauchte „konkrete“ Pinselspuren und konkrete Motive, alles andere hätte mich zusätzlich verunsichert. Das ist mir allerdings erst später bewusst geworden, als ich hinterfragte, warum ich plötzlich den ungewohnten Drang zu einer solchen Arbeitsweise verspürte.

Einmal schlug ich einer Malgruppe zum Ende des Winters vor, monochrome, weiße Arbeiten zu malen. Das kam gar nicht gut an. Am Ende waren die Bilder doch sehr farbig, weil sich alle nach frischem Grün und intensiven Farben sehnten. So kann es gehen. Es war der falsche Zeitpunkt, im Hochsommer bei hohen Temperaturen wäre das Thema bestimmt willkommen und eine schöne Abkühlung gewesen.

 

Wenn wir zulassen und aufnehmen, was wir spüren, verändert das unsere Arbeitsweise und wir malen authentisch. Es fühlt sich auch anders an, weil wir so ein Ventil für unsere Empfindungen haben. Darüber hinaus transportieren wir diese Gefühle durch die Bildsprache unserer Arbeiten und wird auch für Außenstehende sichtbar. Und nicht zuletzt sorgt die Farbigkeit für die Wirkung, die wir im Bild vermitteln möchten.

Viel Freude bei allen Experimenten,

lass Farbe fließen

Angelika

 

P.S. Kennst du schon mein E-Book „Farbe, Farbe, Farbe“? Oder den passenden Video-Kurs?

In beiden Formaten kannst du sehr viel über Farbgebung im Bild lernen und diese Kenntnisse praktisch anwenden, um die Aussage deines

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