Auf dem Weg zu meiner ersten Malreise in diesem Jahr hatte ich wieder einmal die Gelegenheit, unterwegs die Gedanken fließen zu lassen. Der Januar startete mit vielen Verpflichtungen und Aufgaben und so fühlte ich mich, trotz Winterpause, schnell sehr eingespannt. Da fiel mir während der Autofahrt und beim Blick in die weite Landschaft auf, wie wichtig mir Freiräume sind.
Wenn ich zu sehr durchgetaktet bin, mich in starren Zeitgerüsten bewege, ist wenig Raum da für kreative Prozesse. Ich kann dann produzieren und habe dann vielleicht auch malerische Ergebnisse, die ok sind, aber für den Akt des schöpferischen, des für mich Neuen brauche ich Muße, die kreative Gedanken überhaupt zuzulassen.
Diese Gedanken könnte ich nun auch auf den formalen Bildaufbau übertragen: Wenn ich das Bild zu voll packe und keine ruhige Zonen bewahre, kann das Bild schnell zu unruhig und überladen wirken. Erst bewusst eingesetzte ruhige Flächen sorgen für die Konzentration auf die wesentlichen Strukturen und dynamischen Elemente.
Das andere Extrem wäre: Zu viel Leere, wenig Halt und Struktur, ein Gefühl von Unsicherheit. Vielen geht es so, wenn sie das erste Mal versuchen, abstrakt ohne Vorlage zu malen. Es ist nichts da, was einen Anhaltspunkt geben könnte, was zu tun ist. Alles ist möglich. Da gibt es kein Richtig oder Falsch. Entscheidungen fallen umso schwerer (siehe auch Blogartikel „Entscheidungen treffen“).
Auch der Bildbetrachter braucht in meinen Augen Freiraum. Wenn nicht immer alles detailliert ausgearbeitet ist, gewährst Du dem Zuschauer einen Interpretationsspielraum. Er kann in Deinem Bild auf Entdeckungsreise gehen und beschäftigt sich vermutlich länger mit dem Geschaffenen, als wenn alles auf den ersten Blick erfasst werden könnte.
Freiräume gehen einher mit dem Mut, auch etwas mal frei stehen und Platz zu lassen, manches auf dem Bild nur anzudeuten, eine eigene sehr persönliche Bildsprache zu entwickeln.
Du siehst, wie Du lebst und wie Du dich fühlst und wie Du bist spiegelt sich in direkter Weise in Deinen Arbeiten wieder. Und dementsprechend ist die Wirkung auf den Betrachter, alles ist miteinander verbunden und verwoben. Manchmal wären wir vielleicht lieber anders, als es sich in unserem Bild darstellt. Mutiger, großzügiger, dynamischer, impulsiver...Wenn Du Dich auf kreative Prozesse einlässt und Du dran bleibst, werden sich auch in dieser Hinsicht die Dinge sichtbar Schritt für Schritt verändern.
Finde heraus, welches Verhältnis von Freiraum und Aktion Du brauchst, um schöpferisch sein zu können. Schon kleine Freiräume reichen unter Umständen aus, sich kreativer und lebendiger zu fühlen und mit sich selbst in Kontakt zu kommen. Und das sind für mich dann die Glücksmomente im Leben.
viel Freude bei allen Experimenten,
lass Farbe fließen,
Angelika
Kommentar von Uta Lösken |
Freiräume sind sooo wichtig. Ich spüre immer wieder, wenn ich mich mit zu vielen verschiedenen Dingen beschäftige, wie mir der Antrieb für künstlerisches Arbeiten verloren geht.
Im Alltag habe ich sozusagen ganz unterschiedliche Hüte auf, Haushalt, Beruf, Vereinsarbeit, was auch immer, fordern Zeit und Energie. Ich wechsele von einer Rolle in die andere und ganz schnell ist der Tag vollgepackt, verplant.
Ich habe inzwischen halbwegs gelernt, mir Freiräume zu schaffen, in denen ich all den Anforderungen zuwinke und sage: ihr seid später dran. Aber nur wenn ich es auch schaffe, im Kopf diese Freiräume herzustellen, kommt die Kreativität in Schwung.
Ich denke, es ist wichtig, sich Freiräume - und damit vor allem auch Muße - zu ERLAUBEN.
Lieben Gruß
Uta
Antwort von Angelika Biber
Liebe Uta, schön wieder von Dir zu hören und danke für Deinen Kommentar. Auch mir geht es so durch die vielfältigen Aufgaben, die auf mich zukommen. Es stimmt, es ist wichtig sich Freiräume zu erlauben ... denn wir haben sie uns VERDIENT 😉
Herzliche Grüße,
Angelika
Kommentar von Hilde Wittling |
Liebe Angelika, was für ein wundervoller und absolut wahrer Blockbeitrag. Leider vergesse auch ich immer wieder wie wichtig Freiräume sind, um auch mit mir selbst ins Reine zu kommen. Danke für das Augenöffnen, der Tag kann beginnen.
Herzliche Grüße
Hilde
Antwort von Angelika Biber
Liebe Hilde, danke für Dein Feedback! Ich denke es geht vielen künstlerisch Arbeitenden so wie uns..
Wir sehen uns am Freitag, ich freue mich, viele Grüße Angelika
Kommentar von Max |
Sehr schöner Artikel! Sehr zutreffend!
Antwort von Angelika Biber
Lieber Max, Danke! Dein Kommentar freut mich sehr! 🙂